Bewegt von Gottes Liebe bauen wir
lebendige Gemeinde in Münster

Jahreslosung 2025

(Bild: Verlag am Birnbach – Motiv von Stefanie Bahlinger, Mössingen)

GRUNDSÄTZLICH OFFEN. FÜR GOTT.
Wort des FeG-Präses Henrik Otto zur Jahreslosung 2025
Prüfet alles und behaltet das Gute. | 1. Thessalonicher 5,21


Laut wissenschaftlichen Schätzungen trifft ein Mensch durchschnittlich etwa 20.000 bis 35.000
Entscheidungen pro Tag. Die Anzahl kann stark variieren, abhängig von individuellen Faktoren wie
der Komplexität der täglichen Aufgaben, der Persönlichkeit und dem Lebensstil.
Die meisten dieser Entscheidungen sind unbewusst und betreffen alltägliche Dinge, wie z. B. die
Wahl der Kleidung, was man isst oder wie man sich bewegt. Nur ein kleiner Teil der Entscheidungen
erfordert bewusstes Nachdenken, etwa bei wichtigen beruflichen oder privaten Angelegenheiten.
Interessant ist, dass viele Entscheidungen auf emotionaler Ebene bereits gefallen sind, bevor wir
bewusst darüber nachdenken. Das liegt daran, dass unser Gehirn emotionale und intuitive Prozesse
häufig schneller durchführt als die rationalen Überlegungen. Dann braucht es einen bewussten
Denkprozess, um sich selbst ggf. noch einmal umzustimmen und nicht nur Gründe für die schon
gefundene Lieblingslösung zu sammeln.


GRUNDSÄTZLICHER KOMPASS
Die neue Jahreslosung ist ein bemerkenswert verlässlicher Kompass für solche Herausforderungen:
„Prüfet alles und das Gute behaltet.“ So schreibt es der Apostel Paulus an die Gemeinde in
Thessalonich. Am Ende seines Briefes verdichtet er wesentliche Erkenntnisse für die persönliche
Nachfolge und den Gemeindeaufbau zu äußerlich unscheinbaren, aber hochwirksamen Sätzen. Der
Vers des Jahres 2025 ist einer davon.
Ein meditatives Experiment dazu? Wie gehaltvoll die Worte sind, merkt man, wenn man ihnen
durch Betonung Gewicht verleiht: Prüfet alles und das Gute behaltet. Prüfet alles und das
Gute behalten. Prüfet alles und … usw. Wenn ich mich nicht täusche, schillert der Satz so in
sechs verschiedenen Weisen. Für jeden Werktag der Woche eine eigene Perspektive!
Auch wenn jede Aufforderung des Paulus (5,14–24) gut für sich stehen könnte, ist es doch ratsam,
den Zusammenhang im Auge zu behalten. Dort geht es nämlich nicht um eine allgemeine Suche
nach dem Wahren, Guten und Schönen. Was den Abschnitt zusammenhält, findet sich vielmehr am
Ende: Gott, der Frieden schenkt, mache euch ganz und gar zu Heiligen. (Vers 23 | Basis Bibel). Ein
starker Satz. So weit soll es also noch kommen mit uns!
Was für eine Aussicht, einmal ganz und gar heil zu sein, ganz und gar ungebrochen an Leib, Seele
und Geist. Ein Mensch aus einem Guss vor Gott und für Gott. Das kann man nicht machen, das
macht nur Gott. Geplanter Zieleinlauf: Bei der Wiederkunft Jesu.

Wesentlich für diesen Weg ist, was Paulus zuvor für ein Leben im Glauben empfiehlt: zum Beispiel
ein dankbares Herz, eine Haltung des Gebets, Geduld für jedermann, Hilfe zu einem geregelten
Leben und Ermutigung für die Ängstlichen. Dazu tritt die Jahreslosung mit ihren Begleitern (Verse
19–21), Verse, die die Bedeutung des Heiligen Geistes hervorheben. Er, Gottes Geist, ist Motor und
Kompass auf dem anspruchsvollen Weg der Nachfolge. Wir brauchen ihn unbedingt! Es wäre fatal,
ihn außen vor zu halten oder ihm allerhand andere Geisteshaltungen gleichzusetzen. Nein, sondern
er braucht und verdient Raum in unserem Leben, und zwar konkurrenzlos.
Das also ist unsere Jahreslosung im Zusammenhang: Gottes Geist leitet, begabt, lehrt, tröstet, feuert
an (Vers 19) und spricht das aktuelle Wort zur Lage (Vers 20). Das ist das Gute, das es festzuhalten
gilt (Vers 21). Und sollte etwas aus einem anderen, schädlichen Geist heraus gesprochen oder
angetrieben sein, sollten wir es lieber heute als morgen loslassen.


GRUNDSÄTZLICH OFFEN
Mich begeistert die grundsätzliche Offenheit des Paulus für Gottes Reden und Wirken mitten in
unserem (Gemeinde-)Leben. Die Geistvergessenheit, die sich in Teilen des abendländischen
Christentums breitgemacht hat, wäre ihm suspekt gewesen. Er fordert die Gemeinde in
Thessalonich auf, den Heiligen Geist nur ja nicht zu hindern und einzuschränken. Dabei ist an die
ganze Bandbreite seines im Neuen Testament bezeugten Wirkens gedacht. Und klar, dabei kann es
auch zu Auswüchsen kommen: Menschen, die sich profilieren wollen; Aussagen, die dem
Evangelium entgegenstehen; oder Einseitigkeiten, die dem Leben nicht gerecht werden.
Deshalb auch der Prüfauftrag. Nur – ein ängstliches Reproduzieren vermeintlicher Richtigkeiten, das
wäre Paulus zu wenig gewesen. Das ist auch für einen Gemeindebund zu wenig, der eine geistliche
Bewegung sein möchte und nicht nur ein Zweckverband. Es ist für jeden und jede von uns zu wenig,
weil wir auf Jesus hinleben, weil das neue Leben mit ihm schon begonnen hat. Denn das zeigt sich
in der vitalisierenden Anwesenheit von Gottes Geist.


GRUNDSÄTZLICH ALLE
Es gibt die besondere Begabung einzelner, ein prophetisches Wort zu sagen, besondere
Erkenntnisse einzubringen oder die hohe Sensibilität, der Gemeinde Jesu auf ihrem Weg in die
zukünftige Welt den Weg durch die jetzige zu weisen, das steht außer Frage. Und doch richtet sich
Paulus an alle Christen, an die ganze Gemeinde: Sie ist aufgefordert und in der Lage,
verantwortliche Entscheidungen zu treffen. Sie kann Aussagen und Wegweisungen geistlich
bewerten und sollte das auch tun!
Gemeinde zu bauen ist keine Aufgabe für ein paar Spezialisten, sondern eine Berufung, die
grundsätzlich allen gilt. Das Ziel dieses Prüfauftrags ist übrigens nicht, Veränderungen möglichst zu
verhindern oder das berühmte Haar in jeder Suppe zu finden. Das Ziel ist auch nicht das Prüfen an
sich, sondern das Gute zu behalten. Wir suchen gemeinsam das Gute, das aufbaut, weiterbaut,
ausrichtet und trägt. Eine schöne Aufgabe für die ganze Gemeinde!

GRUNDSÄTZLICH UNVERZICHTBAR
Für Freie evangelische Gemeinden (FeG) gibt es einiges, das unverzichtbar zum Guten gehört:
■ Die Liebe zu Jesus als unserem Herrn und Erlöser und Freund. Wie schrieb Hermann
Heinrich Grafe, der Gründer der ersten FeG, einst: „Es gibt Christen, die wollen aus dem
Glauben ein System machen; ich will lieber eine Herzensangelegenheit daraus machen.“ Ich
finde das angemessen. Das spricht auch gar nicht gegen eine gute gedankliche
Durchdringung. Aber was den Glauben angeht, meine ich: Man denkt nur mit dem Herzen
gut.
■ Ebenfalls unverzichtbar ist die feste Verankerung von Glauben, Lehre und Leben in der Bibel,
in Gottes Wort. Sie ist der Maßstab, hier finden wir die Kriterien für das Gute, das wir
festhalten wollen. Auch wenn uns das Ringen um die rechte Erkenntnis manchmal ganz
schön fordert – es hält uns lebendig und wach. Die große Auslegungsgemeinschaft der
Gemeinden ist mehr als Schwarmintelligenz. Sie ist eine geistliche Ressource.
■ Zum unverzichtbar Guten gehört auch die Bereitschaft weiterzugehen. Neue Zeiten, neue
Anforderungen. Das bedeutet auch Verlust, der betrauert werden muss und darf; und
Veränderung, die anstrengend ist. Das geht nur dann gut, wenn klar ist, wofür das geschieht,
nämlich: Um Gott zu ehren, der den Wechsel der Zeiten in seine Schöpfung gelegt hat.


GRUNDSÄTZLICH ZU MEIDEN
Im vergangenen Sommer habe ich das Jüdische Museum in Warschau besucht und war absolut
beeindruckt! Ich gestehe, gerne hätte ich den Teil über das 20. Jahrhundert ausgespart: das jüdische
Ghetto in Warschau, die Deportationen, die Vernichtung von etwa drei Millionen polnischen Juden.
Natürlich habe ich mir nicht erlaubt, das auszulassen, und bin mir mehr denn je gewiss, wo die
Grenze zum Bösen verläuft:
■ Zum Beispiel dort, wo irgendein menschliches Leben für mehr wert gehalten wird als ein
anderes. Völlig gleichgültig, woher ein Mensch kommt, wie er oder sie lebt, wie leistungsfähig
oder hilfebedürftig jemand ist – jedem Menschen kommt die volle Würde eines von Gott
geliebten Geschöpfes zu. Oder wo man dem Gedanken folgt, dass eine Gruppe von
Menschen für alle Unannehmlichkeiten oder alles Unglück verantwortlich gemacht werden
kann – auch da verläuft die Grenze zum Bösen. Das Sündenbockprinzip funktioniert
erschreckend verlässlich, immer noch; vor allem immer dann, wenn der Wohlstand einer
Gesellschaft abnimmt.
■ Ich bin mir mehr denn je gewiss, dass keine Macht auf Erden absolut sein darf. Absolute
Macht kommt allein Gott zu. Menschen müssen sich verantworten, müssen Macht teilen und
regelmäßig an die Grenzen ihrer Wirksamkeit stoßen, um nicht sich und andere ins Unglück
zu stürzen. Das bedeutet, dass Führung Autorität genießen, aber nicht autoritär sein darf;
dass sich Christen niemals mit Haut und Haaren an eine Ideologie, einen Politikstil oder einen
Verantwortungsträger hängen dürfen; dass man ein heiles Leben allein vom Heiland und
nicht von Menschen erwarten kann.


Prüfet alles und das Gute behaltet. Diese Jahreslosung fordert uns grundsätzlich zu Offenheit auf.
Wir sollen nicht bei dem bleiben, was unsere Erfahrungen, Emotionen und Mustererkennungen uns
beinahe automatisiert vorgeben. Wo der Geist ist, da geschieht Neues und Unerwartetes. Dafür
sollen wir offen sein, schreibt Paulus. Es ist aber keine Offenheit für alles Mögliche, sondern für das
geistlich Gute – und das meint im Kern: für Gott selbst.


Henrik Otto | Präses des Bundes Freier evangelischer Gemeinden | praeses.feg.de